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BAG entscheidet zu Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Mindestlohn
31.05.2016. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) regelt nicht eindeutig, welche Lohnbestandteile zum Mindestlohn von derzeit 8,50 EUR gehören.
Daher fragt sich, ob der Arbeitgeber Einmalzahlungen wie ein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn anrechnen kann.
Letzte Woche hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass solche Leistungen den Anspruch auf den Mindestlohn im Prinzip erfüllen können. Voraussetzung ist aber, dass diese Zahlungen die reguläre Arbeitsleistung vergüten: BAG, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 135/16 (Pressemeldung des Gerichts).
- Können Einmalzahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden, nachdem sie per Betriebsvereinbarung auf den Monatslohn umgelegt wurden?
- Im Streit: Brandenburgische Gastronomiekraft wehrt sich gegen die Umverteilung eines bisherigen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes auf den Monats- und damit auf den Mindestlohn
- BAG: Wird mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld die Arbeitsleistung bezahlt, können diese Zahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden, wenn eine Betriebsvereinbarung eine monatliche Fälligkeit vorsieht
Können Einmalzahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden, nachdem sie per Betriebsvereinbarung auf den Monatslohn umgelegt wurden?
Normalerweise können Sonderzahlungen, die nur ein- oder zweimal im Jahr gewährt werden, nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Denn das MiLoG schreibt vor, dass der Mindestlohn spätestens am Ende des nächsten Monats zu zahlen ist (§ 2 Abs.1 Satz 1 Nr.2 MiLoG).
Zahlt der Arbeitgeber daher zum Beispiel von Januar bis Oktober nur 7,50 EUR brutto pro Stunde, kann er die Unterschreitung des Mindestlohns in der Zeit von Januar bis September nicht mit einer Weihnachtsgeldzahlung im November ausgleichen. Bestenfalls kann das Weihnachtsgeld im November auf den Mindestlohnanspruch für den Vormonat Oktober angerechnet werden.
Die Frage einer Anrechnung von Einmalzahlungen auf den Mindestlohn setzt daher voraus, dass die Einmalzahlungen auf die zwölf regulären Abrechnungsmonate verteilt werden.
Für eine solche Umstellung braucht der Arbeitgeber in den meisten Fällen das OK der betroffenen Arbeitnehmer und/oder des Betriebsrats. Nur ausnahmsweise kann der Arbeitgeber einseitig aus einer Einmalzahlung einen monatlich zu zahlenden Lohnbestandteil machen, nämlich dann, wenn er sich eine solche Änderung der Zahlweise arbeitsvertraglich vorbehalten hat und/oder wenn er sich dafür auf eine tarifliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung berufen kann.
Keine gute Idee wäre es, eine solche Fälligkeitsänderung mit einer betriebsbedingten Änderungskündigung zu erzwingen. Denn dazu müsste der Arbeitgeber, wenn die betroffenen Arbeitnehmer Änderungsschutzklage erheben, vor Gericht nachweisen, dass es zwingende betriebsbedingte Gründe gibt, die eine solche Vertragsänderung unvermeidlich machen. Ein solcher Nachweis ist praktisch unmöglich, wie ein aktueller Fall des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg zeigt (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.09.2015, 8 Sa 677/15, wir berichteten über die Entscheidung der Vorinstanz in Arbeitsrecht aktuell: 15/091 Mindestlohn: Anrechnung von Lohnbestandteilen).
Vor diesen Hintergrund stellt sich die Frage der Anrechenbarkeit von Urlaubs- und Weihnachtsgeldern auf den Mindestlohn oft so: Kann der Arbeitgeber Einmalzahlungen auf den Mindestlohn anrechnen, wenn der Betriebsrat zuvor mitgespielt hat und es daher eine Betriebsvereinbarung gibt, die dem Arbeitgeber die Umverteilung der bisherigen Einmalzahlungen auf den Monatslohn erlaubt - oder würde eine solche Betriebsvereinbarung gegen das MiLoG verstoßen und wäre daher unwirksam?
Im Streit: Brandenburgische Gastronomiekraft wehrt sich gegen die Umverteilung eines bisherigen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes auf den Monats- und damit auf den Mindestlohn
Geklagt hatte eine brandenburgische Cafeteria-Mitarbeiterin, die vor Einführung des MiLoG (Januar 2015) weniger als 8,50 EUR brutto verdiente, dafür aber Lohnzuschläge sowie ein Urlaubs- und ein Weihnachtsgeld bekam. Im Dezember 2014 schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die monatliche Auszahlung der Jahressonderzahlungen.
Unter Berufung auf diese Betriebsvereinbarung zahlte der Arbeitgeber ab Januar 2015 jeden Monat neben dem Bruttolohn von 1.391,36 EUR ein Zwölftel des bisherigen Urlaubs- und Weihnachtsgelds, in Summe 1.507,30 EUR brutto. Damit lag der Monatslohn knapp über dem Mindestlohn, der sich bei 40 Stunden pro Woche auf (40 x 8,50 EUR x 13 Wochen : 3 =) 1.473,33 EUR beläuft.
Die Klägerin argumentierte, die Umverteilung des bisherigen Urlaubs- und Weihnachtsgelds verstoße gegen das MiLoG. Daher verlangte sie diese Sonderzahlungen weiterhin bzw. zusätzlich zum erhöhten Monatslohn. Aus ihrer Sicht diente das Urlaubsgeld dem erhöhten Finanzbedarf während des Urlaubs. Das Weihnachtsgeld bewertete sie als Anerkennung für die Betriebstreue. Außerdem müssten die vertraglich vereinbarten Zuschläge für Überstunden sowie für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 EUR brutto berechnet werden, so die Klägerin.
Das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel wie die Klage ab (Urteil vom 19.08.2015, 3 Ca 260/15). Auch vor dem LAG hatte die Klage keinen Erfolg, abgesehen von einer minimalen Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung von 80 Cent rückständiger Nachtarbeitszuschläge (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.01.2016, 19 Sa 1851/15).
Begründung des LAG: Urlaubs- und Weihnachtsgeld waren allein vom Bestand des Arbeitsverhältnisses im Auszahlungsmonat abhängig und beliefen sich auf einen halben Monatslohn. Damit waren sie normale Lohnbestandteile, abgesehen von der Fälligkeit (Mai und November).
Da die arbeitsvertraglichen Regelungen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) waren und praktisch alle Arbeitnehmer betrafen, wiesen sie einen kollektiven Bezug auf und waren, so das LAG, "betriebsvereinbarungsoffen". Hier berief sich das LAG auf eine neuere Entscheidung des BAG, der zufolge der Betriebsrat von arbeitsvertraglichen AGB abweichende Regelungen per Betriebsvereinbarung schaffen kann (BAG, Urteil vom 05.03.2013, 1 AZR 417/12; wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 13/055 Entlassung mit 65 aufgrund Betriebsvereinbarung).
Daher konnte der Betriebsrat hier im Streitfall die arbeitsvertraglichen Fälligkeitsregelungen ändern, denn § 87 Abs.1 Satz 1 Nr.4 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gibt ihm ein Mitbestimmungsrecht beim Thema "Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte".
BAG: Wird mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld die Arbeitsleistung bezahlt, können diese Zahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden, wenn eine Betriebsvereinbarung eine monatliche Fälligkeit vorsieht
Auch in Erfurt hatte die Klägerin keinen Erfolg. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Der Arbeitgeber muss den Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde zahlen. Er erfüllt diesen Anspruch, indem er Zahlungen als Gegenleistung für die Arbeit erbringt, vorausgesetzt, diese Zahlungen stehen dem Arbeitnehmer endgültig zu. Dagegen wird der Mindestlohnanspruch nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber Leistungen erbringt, bei denen es nicht auf die Arbeitsleistung ankommt oder bei denen ein spezieller gesetzlicher Zweck verfolgt wird wie z.B. bei den Nachtzuschlägen gemäß § 6 Abs.5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG).
Der gesetzliche Mindestlohn tritt als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, führt aber nicht zu einer Änderung dieser Anspruchsgrundlagen, so das BAG. Bezogen auf den Streitfall heißt das: Die eingeklagten Sonderzahlungen sollten die von der Klägerin geleistete Arbeit bzw. ihre Arbeitsstunden bezahlen und standen daher im Austauschverhältnis Arbeit gegen Lohn. Dieser Zweck der Sonderzahlungen änderte sich auch nicht durch die monatliche Zahlweise. Daher hatte der Arbeitgeber durch die Zahlung von 1.507,30 EUR brutto pro Monat den geringeren Mindestlohnanspruch von 1.473,33 EUR brutto erfüllt.
Fazit: Das Urteil des BAG entspricht der überwiegenden Meinung und passt gut zu der Gesetzesbegründung zum MiLoG. Danach kann der Arbeitgeber auf den Mindestlohn Leistungen anrechnen, mit denen die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bezahlt werden soll und die ohne Vorbehalt und endgültig gewährt werden (Bundestags-Drucksache 18/1558, S.67). Nicht anrechenbar sind dagegen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zum Beispiel Überstundenzuschläge, Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit oder Zulagen für besonders beschwerliche Arbeiten (z.B. Schmutzzulagen).
Nicht ganz so überzeugend ist demgegenüber die (vom BAG offenbar abgesegnete) Meinung des LAG, arbeitsvertragliche AGB stünden weitgehend zur Disposition des Betriebsrats. Je mehr arbeitsvertragliche Regelungen, die im "Kleingedruckten" des Arbeitsvertrags enthalten sind, per Betriebsvereinbarung geändert werden können (und zwar auch zulasten des Arbeitnehmers), desto weniger wert sind Arbeitsverträge.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 135/16 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 135/16
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2014, 4 AZR 802/11
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.01.2016, 19 Sa 1851/15
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.09.2015, 8 Sa 677/15
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 04.03.2015, 54 Ca 14420/14
- Arbeitsgericht Herne, Urteil vom 07.07.2015, 3 Ca 684/15
- Zoll, Stellungnahme: Mindestlohn nach dem AEntG, Lohnuntergrenze nach dem AÜG
- Bundestags-Drucksache 18/1558, 28.05.2014: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Anrechnungsvorbehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Gratifikation
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Handbuch Arbeitsrecht: Weihnachtsgeld
- Arbeitsrecht aktuell: 18/021 Mindestlohn und Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 17/283 Mindestlohn und Leistungszulage
- Arbeitsrecht aktuell: 17/276 Dokumentationspflichten nach dem Mindestlohngesetz auf dem Prüfstand
- Arbeitsrecht aktuell: 17/244 Nachtzuschläge und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 17/003 Anwesenheitsprämien sind auf den Mindestlohn anzurechnen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 16/205 Mindestlohngesetz gilt auch für Bereitschaftsdienste
- Arbeitsrecht aktuell: 15/123 Mindestlohn und Entgeltfortzahlung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/107 Mindestlohn gefordert - Kündigung erhalten
- Arbeitsrecht aktuell: 15/091 Mindestlohn: Anrechnung von Lohnbestandteilen
- Arbeitsrecht aktuell: 14/271 Ausnahmen vom Mindestlohngesetz
- Arbeitsrecht aktuell: 13/055 Entlassung mit 65 aufgrund Betriebsvereinbarung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 135/16
Letzte Überarbeitung: 13. November 2020
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